Vom Active Sourcing zum Active Searching?
In Zeiten von Digitalisierung und Corona-Pandemie scheint eine Berufsgruppe besonders gefragt: die Branche der IT-Fachkräfte. Krisenfest und unabhängig arbeiten sie remote, programmieren Apps und Webseiten und stellen so die Weichen für das Digitale Arbeiten von morgen. Systemrelevanz? Mehr als gegeben. Berufschancen? Unendlich ─ würde man meinen. Doch die jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit skizzieren ein anderes Bild: Um 32,8 % soll die Arbeitslosenrate in diesem Sektor gestiegen sein. Ein Grund mehr, das aktuelle Job-Geschehen der heißbegehrten Software-Entwickler, Data Scientist und sonstiger IT-Experten genauer unter die Lupe zu nehmen.
Optimismus zu Beginn 2020
Das Jahr 2020 startete noch mit vielversprechenden Prognosen: 124.000 freie Stellen für IT-Experten ─ so die Ergebnisse einer vom Branchenverband Bitkom in Auftrag gegebenen Studie. Das ist nicht nur eine Zahl im sechsstelligen Bereich, sondern bedeutet ganz nebenbei auch eine Verdoppelung des IT-Fachkräftebedarfs im Vergleich zum Vorjahr.1
Einen Job zu finden, scheint in dieser Branche fast selbstverständlich. Ihn zu besetzen hingegen, ist die größere Herausforderung! So schlug das Institut der deutschen Wirtschaft im letzten Jahr vor, ausländischer Fachkräfte aus Drittstaaten gezielt anzuwerben, um dem Mangel zu begegnen.2 Die Innovationskraft Deutschlands brauche schließlich Treiber solcher Innovationen. In einer zunehmend tech-orientierten und vernetzen Internet-Welt der Dinge sind dies die IT-Könner und Kenner, ausgerüstet mit Algorithmen und Programmiersprachen.
Corona trifft den (IT)-Arbeitsmarkt
Umso überraschender sind daher die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit: Um ganze 32,8 % soll im Mai die Zahl der Arbeitslosen im IT-Markt im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen sein3. Branchenübergreifend lag die Arbeitslosenquote bei 25, 8 %4. Dass eine solche Entwicklung Fragen aufwirft, ist verständlich: Wie steht es um die Zukunft der IT-Branche? Ist Informatik kein erstrebenswertes Fach? Hat dieses Berufsfeld an Attraktivität verloren? Zur Beantwortung dieser Fragen muss ein größerer Kontext hergestellt werden, denn: Die Corona-Krise hat den gesamten Arbeitsmarkt stark getroffen. Laut einer von McKinsey beauftragten Umfrage von Geschäftsführern und Führungskräften aus 522 Unternehmen aller Branchen, würde jedes zehnte Unternehmen im aktuellen Quartal einen Umsatzrückgang, von mehr als 50 Prozent verzeichnen5. Dass die überregionalen Jobbörsen wie Linkedin, Glassdoor und Indeed dadurch eine rückläufige Anzahl von Stellenausschreibungen verzeichnen, ist die logische Konsequenz. Dass darunter auch weniger Inserate von Tech-Firmen zu finden sind, fast unausweichlich6. Schließlich spürt der gesamte deutsche Stellenmarkt die Folgen der Corona-Krise. Dass die IT-Experten somit genauso betroffen sind (trotz digitaler Affinität!), betont lediglich die Ernsthaftigkeit der Krise. Zahlen sind jedoch immer Momentaufnahmen. Langfristig prognostiziert das Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hingegen bliebe der Bedarf an IT-Experten weiterhin hoch ─ trotz Corona.7
IT Branche weiterhin auf Wachstumskurs
Glückliche Umstände also für den Jobmarkt der IT ─ und dennoch: Eines hat Corona der deutschen Industrie sehr deutlich vor Augen geführt: Digitale Strukturen und Geschäftsmodelle sind wettbewerbsentscheidend! Nur, wer mit den richtigen digitalen Infrastrukturen ausgerüstet ist und digitales Arbeiten ermöglicht (Google Mitarbeiter bleiben bis Juli 2021 im Homeoffice!8), schafft den Sprung ins neue Digitale Zeitalter! Dafür brauchen Unternehmen Data Scientists, Software-Developer und weitere IT-Berufsprofile ─ eben Fachkräfte, die die Trends der Digitalindustrie beherrschen.9
Die Berufschancen, nach Branchen betrachtet, sind unverändert vielfältig: Insbesondere im Gesundheitswesen, in Tech-Startups sowie in der Logistik-, IT- als auch Telekommunikationsbranche ist ein hoher Bedarf an IT-Experten festzustellen10. Auch das durch die Corona-Krise in den Vordergrund gerückte Homeschooling ist auf die Fachexpertise vieler Digitalkräfte ─ mehr denn je ─ angewiesen. Schätzungen zufolge werden an 40.000 Schulen in Deutschland zusätzliche 20.000 IT-Experten und IT-Fachkräfte benötigt.11
Fazit
1 https://www.get-in-it.de/magazin/arbeitswelt/it-arbeitsmarkt/so-sieht-der-it-arbeitsmarkt-aus
2 https://www.iwd.de/artikel/mint-berufe-wo-sind-die-informatiker-450227/
3 https://www.hiringlab.org/de/blog/2020/07/22/corona-krise-it-arbeitsmarkt/#:~:text=Bisher%20wenig%20Beachtung%20geschenkt%20wurde,um%2032%2C8%20%25%20zugenommen
4 https://www.arbeitsagentur.de/datei/arbeitslosenquote-mai-2020_ba146530.pdf
5 https://www.it-production.com/news/maerkte-und-trends/mckinsey-umfrage/
6 https://www.personalwirtschaft.de/der-job-hr/arbeitswelt/artikel/weniger-jobangebote-im-it-bereich-wegen-der-corona-krise.html
7 Siehe MINT-Frühjahresreport 2020: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Gutachten/PDF/2020/MINT-Fruehjahrsreport_2020.pdf
8 https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/google-mitarbeiter-bleiben-bis-juli-2021-im-homeoffice-a-ab537820-04f7-4d56-b555-87866bf70390
9 https://www.cio.de/a/erst-umkaempft-jetzt-auf-jobsuche,3549398?tap=d83e031675a6e4c9a2db6fe0e986dbc8&utm_source=CIO%20News&utm_medium=email&utm_campaign=newsletter&pm_cat[1]=karriere%20allgemein&r=67176551786341350&lid=1557850&pm_ln=8
10 https://www.get-in-it.de/magazin/arbeitswelt/it-arbeitsmarkt/it-berufsstart-in-zeiten-der-wirtschaftskrise
11 https://www.iwd.de/artikel/die-fachkraefteluecke-schrumpft-472379/
12 https://www.heise.de/newsticker/meldung/IT-Arbeitsmarkt-Krise-ist-bei-den-anderen-4723054.html
13 https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article207056419/Informatiker-gesucht-Konzerne-schreiben-neue-Stellen-aus.html
14 https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitalbranche-sieht-erste-Silberstreifen
15 https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/mint-faecher-fruehjahrsreport-2020-bedarf-an-it-experten-trotz-corona-ungebrochen/25880102.html?ticket=ST-11050715-u9AKCZFcerqCM64T3peI-ap4